Konzept zur Regulierung der Stadttaubenpopulation in Freiburg

„Die Taube steht weltweit symbolhaft für den Frieden.

Wäre es nicht langsam an der Zeit, ihr eben genau diesen zurückzugeben?“

 

-         Anne Teterin

Wer sind wir?

Wir haben die Initiative RespekTiere Tauben gegründet, um das Verhältnis der BürgerInnen zu Stadttauben zu verbessern und den Tauben zu einem artgerechten Leben zu verhelfen. Das Echo auf unsere Initiative zeigt, dass viele BürgerInnen unzufrieden sind mit der derzeitigen Situation, sie fühlen sich durch Taubenkot und durch die große Taubenpopulation gestört. Teilweise beruhen diese Sorgen auch auf den zahlreichen Vorurteilen und Unwahrheiten, die über Tauben – etwa über ihre Rolle als Krankheitsüberträger – kursieren. Dabei zeigen Beispiele in vielen anderen deutschen Städten, dass es Möglichkeiten gibt, Mensch und Tier gerecht zu werden. Wir haben es uns daher zum Ziel gemacht, Konzepte zu erarbeiten und umzusetzen, die einerseits ein konfliktfreies Miteinander von BürgerInnen und Tauben ermöglichen und andererseits die Lebensbedingungen der Tiere verbessern. Die Grundlagen unseres Konzepts möchten wir im Folgenden näher vorstellen. 

Grundlagen zur Taubenpopulation 

Stadttauben sind keine Wildtiere. Es handelt sich vielmehr um ehemalige Haustauben, die von Taubenzüchtern als Sport-, Hochzeits- oder Brieftauben gezüchtet wurden sich dann in den Städten verbreitet haben. Das bedeutet, sie sind in hohem Maße auf die Unterstützung von Menschen angewiesen, um artgerecht (über-)leben zu können. Dieser Umstand in Verbindung mit ihrer Herkunft als gezüchtete Nachfahren der Felsentaube erklärt zudem, warum in bestimmten Stadtteilen besonders hohe Populationsdichten zu erwarten sind: Die Tiere nisten bevorzugt an hohen Gebäuden, in deren Umgebung sie menschliche Essensreste finden können. In Freiburg sind diese Voraussetzungen vor allem in Stadtteilen wie Weingarten oder der Innenstadt erfüllt. So wird allein in der Innenstadt die Anzahl der Tauben auf mehr als eintausend Tiere geschätzt. Obgleich alle Stadtteile von taubentypischen Problemlagen betroffen sein können, ist es daher sinnvoll, die Bemühungen auch und insbesondere auf diese „Zentren“ zu fokussieren. 

Die aktuelle Lage 

Aktuell prägen private Taubenabwehrmaßnahmen das Bild. Viele Ladenbetreiber-Innen oder AnwohnerInnen nutzen Vergrämungsmaßnahmen in Form von Netzen, Spikes oder Kleber, um die Tiere von ihren Balkonen, Markisen oder Dächern fernzuhalten. Solche Maßnahmen bringen allerdings keine Lösung, wie man anhand der in den vergangenen Jahrzehnten eher wachsenden Taubenpopulation am Münsterplatz sowie an anderen Plätzen in Freiburg beobachten kann.

Doch Vergrämungsmaßnahmen haben nicht nur keine positiven Effekte, sondern sind auch gefährlich für die Tiere: In Netzen verfangen sich die Tauben oft und verhungern, sofern sie nicht von taubenfreundlichen BürgerInnen befreit werden. Auf Spikes versuchen Tauben trotzdem zu landen oder zu brüten und verletzen sich dabei häufig. Kleber schließlich führt dazu, dass sich die Tiere beim Versuch, von der beklebten Fläche wegzufliegen, Flugfedern ausreißen oder andere Verletzungen zuziehen.

Darüber hinaus besteht seit Jahren ein durch Polizeiverordnung festgelegtes Fütterungsverbot von Tauben. Sinn und Zweck eines Fütterungsverbots sollte dabei sein, den Tauben keine potentiell schädlichen, da nicht artgerechten Nahrungsmittel anzubieten (etwa Essensreste). In Ermangelung eines artgerechten Futterangebots in der Stadt – Tauben ernähren sich von Körnern, etwa Mais, Weizen oder Gerste – führt dies jedoch dazu, dass die Tiere überhaupt nicht mehr ausreichend Futter finden und sich von Abfällen ernähren. Dies führt zu dem durchfallartigen sogenannten „Hungerkot“, den viele BürgerInnen als störend empfinden und der hohe Reinigungs-kosten etwa an Denkmälern verursacht. Eine Dezimierung der Population ergibt sich aus dem Fütterungsverbot ebenso nicht, da sich die Stadttaube im Gegensatz zu Wildtauben unabhängig vom Nahrungsangebot vermehrt. Dies liegt an ihrem von Menschen angezüchteten hohen Brutzwang.

Schließlich bestehen seit einigen Jahren drei Taubenschläge in der Innenstadt. Allerdings werden diese bereits seit geraumer Zeit unzureichend betreut: Futter wurde bislang nur einmal pro Woche bereitgestellt. Infolgedessen müssen sich die Tauben weiterhin außerhalb der Schläge zusätzliches Futter suchen. Hinzu kommen architek-tonische Schwierigkeiten, etwa ein fehlender Wasseranschluss und eine sehr schwierige Erreichbarkeit der Schläge. Infolge dieser Unzulänglichkeiten ist es bisher nicht gelungen, die Tauben an die Schläge zu binden.

Unsere Ziele

Wir möchten an die beschriebenen Problemlagen anknüpfen, um eine sachgerechte Lösung zugunsten der Tauben und der BürgerInnen umzusetzen. Unser Ziel ist eine zweckmäßige und unauffällige Integration der Stadttauben in einen eigenen Mikro-Lebensraum, um folgende vier Zielfelder zu verwirklichen:

1. Nachhaltige Steuerung der Population (Dezimierung und Kontrolle)

2. Beitrag zur Sicherstellung tierschutzkonformen Verwaltungshandelns 

3. Sensibilisierung der Stadtbevölkerung für ein tierschutzgerechtes Handeln

4. Beitrag zur Erhöhung empfundener Lebensqualität/Verbesserung des Stadtbildes

Wie sollen die Ziele erreicht werden?

Wie sollen die Ziele erreicht werden?

a. Allgemeines Konzept

Zur Erreichung dieser vier Ziele vertreten wir das bereits in über 60 Kommunen zur Anwendung gelangte, sehr erfolgreiche „Augsburger Modell“. Kern dieses Modells, das etwa in München, Hannover und Braunschweig angewandt wird, ist die Errichtung und intensive Betreuung von Taubenschlägen. Die besondere Wirkung dieser Lösung kommt durch die genetisch veranlagte Standorttreue von Stadttauben zum Tragen: Die Vögel verbleiben bis zu 80% ihrer Zeit zum Fressen, Trinken und Brüten in den Taubenschlägen. In den Taubenschlägen können zudem die Eier brütender Tauben durch Gipseier ersetzt werden, um die Population zu regulieren – ein Ansatz, der etwa in München zum Austausch von 2.700 Eiern durch Attrappen geführt hat (Jahr 2019). Die Vorteile dieses Konzepts liegen auf der Hand: Außerhalb der Schläge gibt es weniger Kot, es entstehen keine zusätzlichen Reinigungskosten, und durch eine verminderte Population fühlen sich BürgerInnen weniger gestört. Dieses Modell trüge also ganz maßgeblich zu der Erreichung der Zielfelder (1), (2) und (4) bei.

Begleitend zu diesem Modell möchten wir eine Sensibilisierung der BürgerInnen im Umgang mit Stadttauben durch Aufklärungsarbeit erreichen. Dazu eignen sich einerseits gezielte Aufklärungskampagnen an „Hotspots“ in der Innenstadt und in Weingarten, die Mythen und Vorurteile über Tauben zum Gegenstand haben sowie über artgerechten Umgang mit Tieren aufklären. Andererseits erachten wir Aufklä-rungsarbeit in Kindergärten und an Schulen für ein gutes Mittel, um ein Bewusstsein für den Umgang mit Tieren bereits bei Kindern zu schaffen. Dies würde zur Erreichung des Zielfelds (3) beitragen.

b. Konkrete Umsetzung in Freiburg

Wie bereits ausgeführt besteht in Freiburg mit drei bestehenden Taubenschlägen in der Innenstadt grundsätzlich ein tauglicher Anknüpfungspunkt für die Umsetzung des Augsburger Modells. Allerdings muss, um eine Bindung der Tauben an die Schläge zu gewährleisten, eine deutlich intensivere Betreuung der Schläge gewährleistet werden. Erforderlich sind eine regelmäßige Fütterung, Reinigung der Schläge, regel-mäßige tierärztliche Versorgung und eine Populationskontrolle durch das Austauschen der Eier. Zudem müssen die Schläge ausreichend mit Wasser versorgt werden, sodass die Tauben nicht zur Wassersuche nach draußen müssen. Wir schlagen eine Betreuung im Turnus von mindestens 4-5 Tagen in der Woche vor. Dazu könnten als personelle Unterstützung etwa Minijobber eingesetzt werden.

Ferner reichen die Taubenschläge in der Innenstadt nicht aus. Eine weitreichende Problematik ergibt sich in Weingarten, wo wir dringend den Bau von zwei neuen Taubenhäusern anregen. Insbesondere im Bereich des Einkaufszentrums in der Krozingerstraße, im Bereich der gesamten Sulzburgerstraße, Else-Liefmann-Platz sowie in der Unterführung Richtung Haslach/ehem. ADAC und in der St.Georgener Straße befinden sich jeweils große Populationen von insgesamt schätzungsweise zwei bis drei hundert Tieren (siehe Anhang, Abb.1). Taubenhäuser wären hier zudem auch mit Blick auf das nebenliegende neugeplante Baugebiet Dietenbach sinnvoll. Der Bau dieser Taubenhäuser könnte zudem einige Schwierigkeiten vermindern, die bei den momentan bestehenden Schlägen bestehen: So könnte durch einen Wasser- und Elektrizitätsanschluss die Betreuung der Taubenschläge deutlich erleichtert werden.

Für die Errichtung neuer Taubenhäuser gibt es typischerweise folgende architek-tonischen Möglichkeiten (detaillierte Kostenaufstellung s. Anhang):

1.     Dachboden (Kosten ab 1.500 Euro): Hierbei werden bereits bestehende Gebäude genutzt. Dort werden Regale mit Nistzellen aufgestellt und die Fenster werden mit Ein- und Ausflugschneisen versehen. Außerdem lässt sich eine Staumöglichkeit für Futter, Wasser und Gerätschaften einrichten. Der Aufstieg ist leicht über Treppen zu bewältigen, es gibt meist einen Strom- und Wasseranschluss. Die Objektsuche gestaltet sich meist schwierig, es kommen in der Regel nur Immobilien im Eigentum der Stadt in Frage.

 

2.     Flachdächer (Kosten ca. 10 000 bis 15 000 Euro): Hierbei werden Container oder kleine Verschläge auf dem Dach installiert, die eine Ein- und Ausflugschneise besitzen. Im Innenbereich findet man ebenfalls Nistzellen. Der Aufstieg ist über Treppen möglich und meist sind Strom- und Wasseranschluss vorhanden. Die Fläche sollte 12-15 Quadratmeter und die Innendeckenhöhe 2m betragen.

Was ist unsere Rolle bei der Umsetzung?

Wir als Initiative RespekTiere Tauben betreiben regelmäßig Aufklärungsarbeit zu dem erläuterten Themenkreis, etwa in Gestalt von Flyeraktionen. So verteilen wir bereits in besonders betroffenen Wohnsiedlungen gezielt Informationsmaterial über den artgerechten Umgang mit Tauben in Briefkästen. Zudem haben wir begonnen, spielerische Informationsveranstaltungen in Kindergärten abzuhalten, um Kinder für das Thema zu sensibilisieren. Diese Bemühungen möchten wir fortsetzen und ausweiten.

Hinsichtlich der Betreuung und Neuerrichtung von Taubenhäusern sind wir hingegen auf die Unterstützung der Stadt Freiburg angewiesen. Wir wirken daher gegenüber der Stadtverwaltung nachdrücklich auf eine Umsetzung des „Augsburger Modells“ hin. Eine grundsätzliche Entscheidung für ein solches Modell vorausgesetzt, könnten wir uns bei der konkreten Umsetzung vielseitig engagieren: So könnten wir einerseits Sachverstand einbringen, da sich einige Mitglieder unserer Initiative bereits gut in der Pflege von Tauben auskennen. 

Zum anderen könnten wir mit ehrenamtlichen Aktionen das Bewusstsein für die Tiere und die Akzeptanz der Taubenhäuser stärken: So könnten wir uns etwa vorstellen, im Einzugsgebiet der Taubenhäuser gezielte Informationskampagnen zu organisieren, um die Hintergründe der Schläge zu erläutern und auf das Fütterungsverbot hinzuweisen, damit die Tauben schnell an die Schläge gebunden werden. Wir hoffen, dass die Stadt Freiburg sich dieses Anliegen zu Herzen nimmt und das bürgerschaftliche Engagement unserer Initiative sich auszahlt! Wir sind sicher, dass dies eine gute Lösung für Mensch und Tier darstellen würde.