Herkunft der Stadttauben

Herkunft der Stadttauben


Anders als häufig vermutet wird, sind Stadttauben keine Wildtiere. Es handelt sich vielmehr um ehemalige Haustauben, die von Taubenzüchtern als Sport-, Hochzeits- oder Brieftauben gezüchtet wurden und sich dann in den Städten verbreitet haben. Daher sind sie von der Fürsorge der Menschen abhängig. Ganz ursprünglich stammen die Tiere übrigens von der Felsentaube ab – dies erklärt, warum sie sich besonders in Gegenden mit hohen Gebäuden, etwa in Bahnhofsnähe oder in Stadtteilen mit vielen Hochhäusern oder Kirchentürmen, wohl fühlen. 

 

Stadttauben ernähren sich eigentlich ausschließlich von Körnern. Weil sie diese in Städten aber meistens nicht finden, fressen sie stattdessen essbare Abfälle. Dies macht die Tiere krank und schwächlich und führt zu dem allseits bekannten, grünlichen „Hungerkot“, den sie nur infolge ihrer Mangelernährung absondern. Dass der gesunde, normale Kot von Stadttauben Gebäude schädigt oder gar Krankheiten überträgt, ist übrigens ein Mythos! Mehr zu Mythen und Fakten über Tauben finden Sie unter diesem Link.

Hife für Tauben in Freiburg


Ein Leben in Angst und auf der Flucht


Stadttauben stammen von ehemaligen Zuchttieren ab, die den Züchtern nicht leistungsfähig genug waren und ausgesetzt wurden oder verloren gingen. Dies zeigt, dass es sich bei der großen Taubenpopulation in Städten um ein menschengemachtes Problem handelt. Doch in heutigen Städten – auch hier in Freiburg – wird das Problem häufig eher noch verschärft, als es zugunsten der Tiere zu lösen: In heutigen Städten finden die Tauben nirgendwo einen Sitzplatz, da überall Netze und Spieße angebracht werden. 



Tauben Freiburg


Häufig stören sich Menschen an der großen Zahl von Stadttauben. Doch auch dieses Problem wurde von Menschen geschaffen: Eigentlich brüten Tauben nur zwei- bis viermal im Jahr. Doch durch das (Über-)Züchten der Tauben wurde dies auf sechs- bis achtmal im Jahr erhöht. Auch die Tiere leiden unter diesem erhöhten Brutzwang, denn sie sind oft unterernährt und können ihre Nachkommen nicht versorgen. Taubenhäuser bieten hier eine Lösung: In diesen Schlägen verbringen Tauben einen Großteil ihrer Zeit, sodass man bei brütenden Tieren die Eier durch Gipsattrappen austauschen und so die Population kontrollieren kann – das ist etwa vergleichbar mit der Kastration von Hunden und Katzen, um die Anzahl von Straßentieren gering zu halten.

Fütterungsverbote? 

In Freiburg gibt es, wie in vielen anderen Städten auch, ein Fütterungsverbot für Tauben. Solche Fütterungsverbote ergeben Sinn, soweit es in den Städten betreute Fütterungsstellen gibt – zum Beispiel Taubenhäuser, in denen die Tiere regelmäßig gefüttert werden und in denen sie einen Großteil ihrer Zeit verbringen. In Freiburg hingegen haben wir nur zwei Taubenschläge in der Innenstadt, die unserer Meinung nach nicht ausreichend versorgt werden. Vor diesem Hintergrund führen Fütterungsverbote nur zu einem: mehr hungernden Tieren. Daher sprechen wir uns aus für eine kurzfristige Einrichtung kontrollierter Futterstellen in allen Stadtteilen sowie langfristig für den Bau von Taubenhäusern, wo die Tiere ausreichend und artgerecht versorgt werden. Mehr Infos zu unseren Zielen finden Sie in unserem Konzeptpapier. (Link)

"Krieg gegen den Friedensvogel" von Elke Heidenreich

Natürlich: Zwangsgelder, Strafen, Beugehaft für Menschen, die Tauben füttern. So löst man das Problem. Welches Problem eigentlich? Die Tauben werden hochstilisiert zu der Großstadtplage schlechthin; man versteigt sich sogar soweit, sie als „Ratten der Lüfte” zu bezeichnen. Aber nur bei uns in Deutschland. Dieselben Deutschen, die hier dieses friedlichste aller Tiere mit so viel Hass verfolgen, kaufen im Urlaub auf dem Markusplatz in Venedig Körner und lassen sich mit Täubchenschwarm fotografieren. Andere Länder kennen die Taubenhysterie nicht, und wir kannten sie früher auch nicht. Als wir Kinder waren, im Ruhrgebiet nach dem Krieg, gab es nichts Schöneres, als mit Opa und Onkel Theo nach der Schicht „auffem Pütt” in die Taubenschläge unterm Dach zu kriechen, wo gegurrt und geflattert wurde, wo wir den liebevollen und verantwortungsbewussten Umgang mit diesen wunderbaren und so klugen Tieren früh lernten, und wir machten auch die Taubenscheiße weg, und nie ist einer von uns dadurch krank geworden — das ist das infamste in Umlauf gebrachte Märchen. Und den Kölner Dom zerstört auch nicht das bisschen Taubenkot, das jeder Regen wieder wegwischt, nein, das besorgen ganz allein die Abgase.

Trotzdem, man kann aufklären so viel man will, die Antipathie gegen die Tauben bleibt. Sie haben keinen Ort, an dem sie brüten oder auch nur in Ruhe sitzen können. Es gibt keine Ruinen, Türme, Schlupflöcher mehr für sie. Überall werden sie vertrieben, wo es geht, mit spitzen Nägeln oder Drähten auf Fensterbänken. Wir sehen sie mit verletzten, verkrüppelten Füßen mühsam nach Futter suchen. Die Menschen, die Jahrhunderte lang friedlich mit diesem Vogel zusammenlebten, führen Krieg gegen ihn, einen erbarmungslosen, grausamen Krieg. Nur wenn geheiratet oder eine Olympiade eröffnet wird, dann dürfen hundert weisse Täubchen fliegen — weiße. Ist da irgendeine Assoziation erlaubt, dass weiß edler ist als farbig?

Wie dem auch sei — es war die Taube, die Noah nach der Sintflut den Ölzweig auf die Arche brachte. Die Taube half Aschenputtel, den Prinzen zu bekommen, Picasso liebte und malte die Taube als Tier des Friedens in allen Variationen und nannte seine schöne Tochter nach ihr, Paloma. Brieftauben waren die Freude der Bergleute, Tauben werden wegen ihres erstaunlichen Ortssinns zur Rettung Schiffbrüchiger eingesetzt, ach, was soll ich weiter aufzählen — es nützt nichts. Wir bekämpfen dieses sanfte, schöne Tier, unser Hass findet da sein Ventil. Dabei könnte jede Stadt — wie es z. B. Städte wie Baden-Baden vorgemacht haben — mit Taubenschlägen die Population gezielt steuern, auf die Gesundheit und den Nachwuchs der Tiere achten und dafür sorgen, dass die Tauben wieder friedlich mit uns leben, satt sind, nicht in die Innenstädte müssen, um zu betteln.

Wie erklären Sie denn ihren Kindern, wenn eine Taube auf zwei Beinstümpfen vor ihnen bettelt, wenn ihr Schnabel mit Kaugummi verklebt, wenn die Beine sich mit Plastikschnüren verheddert haben? Gehen Sie einfach weiter, sagen Sie: „Das sind nur blöde Tauben?” Und weint Ihr Kind dann nicht, hat es nicht Mitleid? Was machen Sie mit diesem Mitleid, treten Sie diese Glut früh genug aus? Ja. Und so sieht sie ja auch aus, unsere schöne liebevolle Welt.

Ich bin traurig über das Elend dieser geschundenen und verfolgten Tiere in einem Land, das sich auf seine Tierliebe so viel einbildet. Jeder Tierschutzverein könnte die Städte im richtigen Umfang mit Tauben beraten. Glasscherben auf den Fensterbänken, der Tritt nach der Taube in der Fußgängerzone und Fütterungsverbote gehören gewiss nicht zu den richtigen Maßnahmen. Wie roh wir geworden sind, wie dumm, wie wir alles nachplappern, anstatt hinzusehen. Ich schäme mich. Und füttere, wo es nötig ist.

gez. E. Heidenreich, Juli 2000.